Vom Wünschen

In der Großstadt treffen Gegensätze immer aufeinander. Arm und wohnungslos trifft auf wohlhabend und wohnend. Meistens geschieht dies auf der Straße.

Der Verein Straßenblues hatte im Sommer 2017 eine sehr kleine, aber großartige Fotoausstellung organisiert. Die Bilder hingen auf sehr nackten und grauen Betonwänden im Foyer des Kreditkartenunternehmens Barcleycard in Hamburg, das die Ausstellung ermöglichte. So kam es, dass Menschen im Businessdress auf dem Weg zur Raucherpause oder zur Arbeit an den Bildern vorbeigingen.Lies weiter

Hände am Rande der Kleinstadt

Gottesdienst in einer kleinen Gemeinde am Rande einer kleinen ostfriesischen Kleinstadt. Das bedeutet ohnehin, dass nicht so richtig viele kommen. An einem Sommersonntag 2017 ist es auch so. Dazu sind Ferien, da kommen noch einmal weniger. „Seien sie nicht enttäuscht“, sagt die Pastorin, für die ich den Platz an diesem Tag einnehme.

Und dann gesellt sich unerwartet zu den vielleicht zehn Menschen, die gekommen sind, noch eine Familie, die nach der Beisetzung eines Verwandten unter der Woche noch der Einladung in den Sonntagsgottesdienst gefolgt ist. Die Truppe sieht nach dem aus, was man in Ostfriesland „Ländies“ nennt. Leute vom Land eben. Keine reichen Bauern, sondern Familien, die auf Landarbeiter zurückgehen – oder heute noch sind.Lies weiter

Allerseelen, Bier und toter Otto

In ihrem Buch „Accidential Saints“ (Unheilige Heilige) beschreibt die lutherische Pastorin Nadia Bolz Weber die Tradition ihrer Gemeinde in Denver Colorado zu Allerseelen. Mehrfach taucht der All Saints Sunday in dem Buch auf. Allerseelen heißt das Totengedenken in der katholischen Kirche. Und auch die anglikanische Kirche feiert es. In meiner evangelischen Tradition ist mir dieses Fest jedoch noch nie so deutlich begegnet. Und schon gar nicht in der bunten Form, wie sie in dem Buch beschrieben wird.

Am Sonntag nach Allerheiligen wohnte ich stattdessen einem blutleeren evangelischen Gottesdienst bei, der für mich vor allem die Frage beantwortete, warum traditionell gegenüber einer Kirche eine Kneipe steht. Das ist zwar fast nur noch im Volksmund so, aber wenigstens dort. Ich hätte jedenfalls gut eine gebrauchen können, auch wenn ich Alkohol um 11 Uhr sehr schlecht vertrage. Als ich die Veranstaltung verließ, fühlte ich mich so leer, wie noch nie nach dem Besuch einer Kirche.

Dieses Gefühl der Leere zog sich durch den ganzen Nachmittag, den ich im Büro verbrachte. Ich musste noch arbeiten. Zwischendurch stolperte ich im Facebook über einen Eintrag des „House for All Sinners and Saints“, der Gemeinde von Nadia Bolz Weber.Lies weiter

Halb acht am Morgen

Halb acht am Morgen auf einem Wochenmarkt im Osten Hamburgs. Der Imbisswagen ist das Gegenteil eines Reformhauses. Mettbrötchen liegen vereinzelt in der Auslage. Der Wagen wird hauptsächlich von Männern umlagert.

Alkohol liegt hörbar in der Luft. „Gibst du mir noch eine Selter“, ruft einer und ich frage mich unweigerlich, ob er zu den „Trockenen“ gehört. Die Marktbeschicker stehen in der Ecke, aus der nach Selters gerufen wurde und reden und lachen laut. In der anderen Ecke eine Familie mit einem kleinen Kind. Stammgäste morgens um halb acht.

Der Ort zieht noch andere an. Einer braucht seinen Morgenschluck. Alkoholausschank ist auf dem Wochenmarkt nicht erlaubt, aber er findet seine Lücke. Die Colaflasche des Mannes, der zwei Plätze neben mir steht, ist randvoll und die Flüssigkeit im Flaschenhals ist verdächtig hell.Lies weiter

Zwölf Dinge über Bergedorf

  1. Ein glückliches Kind auf dem Groschen-Schaukelpferd unter der Rolltreppe im City-Center strahlt, daneben der geduldig wartende Vater.
  2. Wochenmarkt am Schlosspark mit vielen Farben und Gerüchen. Am Eingang die Zeugen Jehovas mit gültigem Parkticket.
  3. Ruhebänke im Schatten mit ganz normalen Leuten darauf. Ein Mann um die 40 trinkt Dosenbier um 10.15 Uhr.
  4. Ein sehr freundlich-gelassener türkischer Herr im Bahnhofskiosk auf dem Bahnsteig der S-Bahn.
  5. Eine Hochzeitsgesellschaft vor dem Schlossteich mit Ballons und Sekt.
  6. Vierländer Tomaten für 3,99 Kilo im Blumenladen.
  7. Der Obdachlose, der immer meditierend in der Nähe der S-Bahn-Brücke sitzt, hat vorne keine Zähne.
  8. Ein Kontaktbereichs-Beamter trödelt durch die Straße. Polizisten mit dicken Westen holen sich asiatisches Essen am Bahnhof.
  9. Der Juwelier an der Ecke vor dem Bahnhof schließt für immer, so steht es auf den Schildern.
  10. Die Hinz- und Kunzt-Verkäuferin am Eingang zum Einkaufszentrum ist offensichtlich beliebt. Dauernd im Gespräch mit Pasanten.
  11. Ein einsamer Seifenblasenmann steht in der Fußgängerzone.
  12. Die Verkäufer am türkischen Gemüse- und Lebensmittelmarkt sind cool. Ältere Damen mit Kopftuch auch, prüfen die Ware kritisch und lassen sich nicht beeindrucken.

 

Vokabeln fürs Nichtstun

Tür auf, rein, vielleicht eine Kerze anzünden, oft nur ein paar Schritte durch die Kirche, manchmal laut, oft fragend, suchend, tastend, so sieht es aus, wenn Menschen, die keine Verbindung mehr haben, in einer Kirche etwas suchen.

Auf Norderney sind die Kirchen in der Urlaubszeit echte Anziehungspunkte. Es gibt diese Sehnsucht, dort etwas zu finden. Urlaub ist eine Zeit, in der Menschen sich öffnen können. Davon sind auch Dorle und Micha Schmidt überzeugt. Im Auftrag der katholischen Kirchengemeinde auf der Nordseeinsel Norderney und in enger Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen vor Ort haben die Designer vom „Studio Komplementaer“ in Köln die Pfarrkirche St. Ludgerus, die bei den Insulanern eher „kleine Kirche am Denkmal“ heißt, in einen Erlebnisraum umgestaltet.Lies weiter

Über die Freundschaft

Im Juli 2017 fand in Hildesheim eine großartige Veranstaltung statt: Das ‚Ekklesiolab‘, was mit Kirchenlabor wohl ganz gut übersetzt ist.  Es wurde vom ökumenischen Büro Kirche2 mit Sitz in Hannover  auf die Beine gestellt.

Fünf Tage lang machten sich Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus verschiedenen evangelischen Landeskirchen und katholischen Bistümern Gedanken zur Kirche von morgen. Zur Einführung waren alle Teilnehmenden aufgefordert, ihre theologischen Schätze in Form einer Erfahrung der letzten Zeit zu teilen.Lies weiter